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Ultra Rad Challenge Kaindorfam 23.July 2022
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Die AkteurInnen: Gerit, Susi, Uli, Gaby
Der Support: Evelyn und Michael
Anreise am Freitag Nachmittag. Große Aufregung bei Uli und mir – für uns beide ist es die erste Radsportveranstaltung. Gerit und Michael haben einen tollen Zeltplatz direkt im Startbereich an der Strecke schon bezogen. Wir haben genug Zeit, uns mit allem vertraut zu machen, die zu erwartende Hitze des kommenden Tages zu spüren, den Start des 24-Stunden- und des 3-Stunden-Bewerbes zu erleben. Wir beruhigen unsere Nerven mit einem herrlichen Abendessen in Auffen. Dann (ganz klischeehaft): Die Männer schlafen im Zelt in Kaindorf, die Frauen im bequemen Bett im Gasthof in Auffen.
Gerit startet um 6 Uhr morgens beim 12-Stunden-Rennen auf die Strecke. Im Morgenlicht fährt er die erste Runde über 17,9 km. Bis wir Damen am Veranstaltungsgelände ankommen, ist Gerit bereits in seiner vierten Runde. Was mache ich hier eigentlich? Es ist heiß. Ich werden wohl mehr ein Hindernis für die anderen werden. Keine Ahnung von Radrennen. Keine außer mir und Susi fährt mit normalen Sportschuhen an den Füßen und geraden Lenkstangen. Wie auch immer: Wir nehmen brav am Briefing teil. Ich versuche, mir alles zu merken. Susi erklärt uns nochmals den Streckenverlauf.
Dann stehen wir am Start am Ende des Feldes. Ein neutralisierter Start bis zur Bundesstraße nimmt die ersten Ängste (d. h. alle fahren langsam den engen Streckenteil – einer der neuen Fachausdrücke, die ich an diesem Wochenende lerne). Jetzt sind die Fahrerinnen und Fahrer aller Bewerbe auf der Strecke. Susi, Uli und ich machen uns gemeinsam auf die erste Runde. Tja, und dann sind wir mitten drin. Ich muss mich an das Surren gewöhnen, wenn uns ein ganzer Pulk in Höllentempo überholt. Zum Glück zerfallen die großen Gruppen rasch in kleinere. In der ersten Runde muss ich manchmal Lehrgeld zahlen, wenn ich bei Anstiegen nicht rasch genug die Gänge wechsle. Ich taste mich langsam die steilen Bergab-Passagen hinunter und kämpfe mich Steigungen hinauf. Nach einer Stunde haben wir die erste Runde hinter uns. Wir wissen, dass wir hitzebedingt viel trinken müssen und nehmen uns bei der Zielverpflegung viel Zeit.
Uli startet auf ihrem Carbon-Gaul und ihrem Blobber-Luftsattel flott in die zweite Runde – sie will wissen, was geht. Susi und ich machen uns langsamer auf den Weg. Es wird immer heißer. Doch irgendwann haben wir auch die zweiten 17,9 km geschafft.
Ich verlasse Susi bei der Zielverpflegung und mache mich auf in die dritte Runde. Mittlerweile kenne ich so manche Rückseite der Fahrerinnen und Fahrer vom Überrundetwerden. Meine Strategie ist wie beim Marathon: Zerlege den Bewerb in Teilziele! Jede Runde ein erreichtes Ziel! Oder: Denk nicht an die Steigungen in der zweiten Hälfte der Runde, sondern versuche, den Weg bis dorthin mit geringerem Kraftaufwand zu fahren! Oder: Schau nicht auf den roten Bogen am Ende des Weixelberges, sondern nur auf die Meter unmittelbar vor dir! Runde drei ist geschafft. Eine Runde geht noch!
Da ist plötzlich Uli wieder neben mir. Sie musste nach ihrer flotten zweiten Runde in ihrer dritten Runde Tribut zollen und hat an unserer Verpflegungs- und Regenrationsbasis danach ein Päuschen eingelegt. Nächster Spruch: Geteiltes Leid ist halbes Leid – oder vielleicht doch nicht! Uli legt dann nach ein paar Anstiegen wieder unter einem schattigen Baum eine Pause ein und verspricht, mich auf der Abfahrt vom Weixelberg wieder einzuholen. Und so ist es dann auch. Beim Bergabfahren ist sie in ihrem Element! Am Ende der vierten Runde sind wir beide ziemlich geschafft.
Wir suchen unsere Betreuungsstation auf. Uli lässt sich auf der Campingliege nieder und beendet ihren Wettkampf. Sie meint, sie braucht fürs nächste Jahr (Blut geleckt!) ein realistisches Steigerungs-potential, nämlich eine fünfte Runde. Es ist 16:23 Uhr. Gerit trifft ein. Er hat seine 13. Runde hinter sich und damit seine persönliche Bestleistung in Kaindorf erzielt. Auch er macht Schluss (damit im nächsten Jahr eine Steigerung möglich ist).
Wind kommt auf. Wir fragen uns, ob es regnen wird. Ich beschließe, mich noch einmal auf den Weg zu machen. Eine Runde geht noch! Mittlerweile ist es auf der Strecke schon etwas ruhiger. Meine Oberschenkel melden sich, meine Handgelenke und Handballen schmerzen. Das Sitzen ist erträglich (Geheimnis: Ich trage zwei Radlhosen übereinander). Ich freue mich über die guten Geister mit Gartenschläuchen an der Strecke, die meine Beine kühlen. Ich freue mich über eine Teilnehmerin namens Claudia, die ich beim Start kennengelernt habe, und die mich mittlerweile zum dritten Mal (= dritte Überrundung) beim Überholen anfeuert. Ich freue mich, dass mir hin und wieder ein einsamer Fahrer zuruft „Weiter so!“ (Ist es Mitleid wegen meiner Ausrüstung?). Ich schaffe es wieder einmal , beim Bergauffahren (!!) in einer Kurve zu spät zu schalten und mich an den Rand eines Grabens zu manövrieren. Zum Glück sitzt an dieser einsamen Stelle eine Frau, die zwecks Verpflegung auf ihren Partner wartet und hilft mir aus meiner misslichen Lage. Ich nehme es als Zeichen, beim Bergabfahren höllisch aufzupassen und meinen Wettkampf nach Runde 5 (89,5 km und 5:38 Stunden) zu beenden. Nicht’s geht mehr!
Kurz vor 18 Uhr trifft auch Susi ein, die mit bewundernswerter Gleichmäßigkeit ihre Runden gefahren ist!! Auch für sie ist es genug.
Und so werden dann drei erschöpfte, aber zufriedene Mädels der Klasse W40 / W50+ und ein ebenso erschöpfter, geschundener Bursche der Klasse M50+ von Evelyn und Michael fürsorglich wieder ins Leben zurückgeholt!
Warum wir das machen?
- Weil wir durch Training das Beste aus unseren Möglichkeiten herausholen wollen.
- Weil für uns das eigene Alter irrelevant wird, wenn wir weiter wachsen.
- Weil wir nicht abbauen wollen, sondern weiter lernen und Neues erreichen wollen.
- Weil uns gemeinsamer Sport und gemeinsames Erleben vom Alltag und von mancher Last befreien.
- Weil in der Anstrengung des Laufens oder Radfahrens alles verschwindet und die Bewegung, das Atmen, der Rhythmus, die Geräusche der Landschaft übrig bleiben. „Du fokusierst nur auf das unmittelbar Notwendige.“
Alles geklaut, weil es so gut passt: „Aber wenn wir laufen“, Der Standard, 23. Juli 2022,
https://www.derstandard.at/story/2000137673931/aber-wenn-wir-laufen-ueber-laufen-schreiben-und-gender
Gaby